Umgrabern, pflügen, durchlüften
Regenwurm: Der blinde Gärtner
Sie sind blind, taub und stumm, gehören aber trotzdem zu den wichtigsten Akteuren in der Natur: Regenwürmer zersetzen pflanzliches Material und versorgen den Boden mit wertvollen Nährstoffen. Nicht nur ihre ökologische Leistung ist bemerkenswert, auch ihr Regenerationsvermögen.
Wenn es regnet, kommen die Würmer. Bei Starkregen liegen Regenwürmer oft massenhaft auf den Gehwegen. Amseln freuen sich über die leichte Beute und suchen bevorzugt bei nassem Wetter im feuchten Gras nach den Leckerbissen.
Namen
Der Name «Regenwurm» stammt jedoch vermutlich nicht von einer angeblichen Vorliebe für Regen. Stattdessen nannte man die Tiere früher einen «regen Wurm», beschreibend für ihre Aktivität. Daraus wurde im Laufe der Zeit «Regenwurm». Dazu passt, dass man die Würmer hauptsächlich bei Regen sieht, denn dann kriechen sie aus ihren Löchern.
Allerdings tun sie dies nicht, weil sie den Regen so gerne mögen. Es wird vermutet, dass sie ganz im Gegenteil sogar vor dem Wasser flüchten, da sie sonst in ihren Röhren ersticken oder ertrinken würden. Der tatsächliche Grund für die Flucht ist jedoch noch nicht vollständig geklärt.
Artenvielfalt in der Schweiz
In der Schweiz sind über 40 Arten von Regenwürmern bekannt, die durch den Laien allerdings nur schwer zu unterscheiden sind. Die häufigsten Arten sind der bis zu 30 Zentimeter lange Tauwurm (Lumbricus terrestris) und der Kompostwurm (Eisenia fetida).
Ökologische Bedeutung
Der Name des Kompostwurms gibt bereits einen Hinweis auf die ökologische Bedeutung von Regenwürmern. Als Substrat- und Pflanzenfresser sind sie ein wichtiger Teil im Zersetzungsprozess von organischem Material. Sie füllen ihren Darm mit humusreicher Erde und vermoderten Pflanzenteilen, die sie im Muskelmagen zerreiben. Der ausgeschiedene Wurmhumus enthält eine hohe Konzentration von Nährstoffen, die von Pflanzen aufgenommen werden können.
Bodenverbesserer
Bei einer Wurmdichte von bis zu 2000 Individuen pro Quadratmeter können Regenwürmer gar bis zu 90 Prozent der unter der Oberfläche lebenden Tiere ausmachen. Nebst der Versorgung des Substrats mit Nährstoffen versorgen die lufthaltigen Gänge der Regenwürmer den Boden mit Sauerstoff. Davon profitieren Bakterien, die diesen benötigen, um abgestorbene Pflanzenteile zu zersetzen. Zudem können über die vertikal gebohrten Gänge Pflanzenwurzeln schneller in die Tiefe wachsen und dort Nährstoffe und Wasser aufnehmen. Letzteres kann in tiefere Bodenschichten versickern, wodurch unter anderem Staunässe vermieden wird.
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Nahrung für andere Tiere
Eine weitere wichtige ökologische Bedeutung bekommt der Regenwurm als Nahrungsquelle für zahlreiche andere Tiere. Nebst verschiedenen Vögeln ernähren sich Maulwürfe, Igel, Spitzmäuse und Erdkröten primär von Regenwürmern. Maulwürfe legen sogar richtiggehende Wurmvorräte an. Dafür beissen sie den Regenwurm ins Vorderende, um sie an der Flucht zu hindern, und deponieren sie an einem sicheren Platz unter der Erde.
Regenerationsfähigkeit
Ähnlich wie Zauneidechsen können Regenwürmer bei Gefahr ihren Schwanz abwerfen und sich anschliessend regenerieren. Allerdings tun sie das auf eine andere Art und Weise, nämlich indem sie am Hinterende eine Reihe von Segmenten abschnüren und diese dem Räuber überlassen. Das übriggebliebene Segment am Ende kann dann einen neuen After ausbilden und der Wurm ist wieder komplett.
Missverständnisse über die Regeneration
Entgegen dem Gerücht entstehen jedoch nicht zwei Würmer, wenn man einen Regenwurm in der Mitte durchtrennt, denn das hintere Ende kann keinen neuen Kopf produzieren. Stattdessen entsteht bei manchen Arten aus dem hinteren abgetrennten Teil ein Stück Wurm mit zwei Aftern, das über kurz oder lang verhungert. Der vordere Teil kann zudem nur überleben, solange noch 40 Segmente vorhanden sind, denn davor befinden sich alle lebenswichtigen Organe.
Regenwurmfreundlich gärtnernMehr als die Hälfte der heimischen Regenwurmarten gelten als selten. Um Regenwürmer im Garten als nützliche Helfer willkommen zu heissen, gilt es, den Boden nur schonend zu bearbeiten und auf mineralische Dünger zu verzichten. Die Verwendung von pflanzlichem Mulch und das Liegenlassen von Grünabfällen zieht die Tiere jedoch magisch an. Sie finden unter den Schichten nicht nur genügend Feuchtigkeit und Schutz, sondern nutzen die Pflanzenbestandteile auch als Nahrung. Eine dünne Laubschicht auf den Beeten im Herbst nützt so nicht nur den Regenwürmern. Durch die Zersetzung erhalten die Beete auch wertvolle Nährstoffe zurück, die im Frühling neu angepflanztem Gemüse einen wahren Traumstart ermöglichen. Nicht zuletzt sorgt natürlich auch ein Komposthaufen für eine gesunde Wurmpopulation im Garten.
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